Merkmale
Knollengeophyt mit 2-4 rübenförmigen Scheicherwurzeln, aus denen im Sommer eine Blattrosette aus 3-7 dunkelgrünen, scheidigen Laubblättern gebildet wird. Diese sind kurzgestielt, eiförmig, 1,8 - 3,5 cm lang und 1,0 - 1,6 cm breit. Erst im nächsten Sommer treibt aus dieser Blattrosette der Blütenstand. Gleichzeitig treibt daneben bereits eine neue Blattrosette für den Blütentrieb des Folgejahres. Die blühende Pflanze ist 10 - 22 cm hoch mit 3 - 5 behaarten, dicht anliegenden Laubblättern, während die zu diesem Trieb gehörende Blattrosette bereits abgestorben ist. Das oberste Stängelblatt ist tragblattartig, 1 - 2 cm lang, den Beginn des Blütenstandes nicht erreichend. Der Blütenstand ist lang gestreckt, dicht weißfilzig behaart, mit 13 - 30 spiralig angeordneten, kleinen, weißen Blüten besetzt. Diese duften fein. Die unteren Tragblätter sind 11 - 12 mm lang, deutlich länger als der Fruchtknoten, und werden nach oben kürzer. Sie sind mit weißen Haaren besetzt, lang zugespitzt, mit drei dunkelgrünen Nerven und hellerem Saum. Die seitlichen Sepalen sind außen behaart, nach rückwärts gebogen, 6 - 7 mm lang und 1,5 - 2 mm breit. Das mittlere Sepal, die Petalen und die fast waagerecht liegende Lippe bilden für die Bestäuber eine Röhre. Die Petalen sind 5 - 6 mm lang und 1,2 - 1,5 mm breit. Die Lippe ist 5 - 6 mm lang und 3,5 - 4 mm breit, ausgerandet, an den Rändern wellig gekerbt, weißlich, aber im Zentrum gelblichgrün. Die Blüten bieten Nektar an und werden von Hummeln bestäubt. Der Fruchtansatz liegt bei 50%; die oberen Blüten verkümmern meist und bleiben unbefruchtet.
Vegetations- und Blütezeit
Die Vegetationszeiten sind ungewöhnlich, da die neue Blattrosette des nächstjährigen Blütentriebs bereits im Sommer zur Blütezeit des diesjährigen, dann blattlosen Austriebs erscheint und meist bis zum Frühjahr überdauert. Der Blütentrieb bildet sich mit den ersten Starkregen während bzw. nach der sommerlichen Hitzeperiode. Die Blüte kann in Baden-Württemberg bereits Ende Juli beginnen und endet bei uns Mitte September, liegt im Mittelmeerraum aber im Herbst nach Einsetzen der Regenperiode.
Variabilität
Spiranthes spiralis ist wenig variabel und betrifft dann nur die Größe und Breite der Blätter.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Spiranthes aestivalis hat lineal-lanzettliche Blätter und an den übrigen Blütenblättern anliegende seitliche Sepalen.
Hybriden
Hybriden können bei gemeinsamem Auftreten mit Spiranthes aestivalis auftreten, sind aber aus Baden-Württemberg nicht bekannt.
Wuchsorte
Spiranthes spiralis gedeiht als besonders konkurrenzschwache Art nur auf mageren kalkarmen bis kalkreichen Böden, die oberflächlich versauert sein können, aber zumindest zeitweilig feucht sind. Sie verträgt dann kurzgeschorenen Halbtrockenrasen und Feuchtwiesen.
Gefährdung
Diese Art hat durch ihre Standortansprüche besonders viele Vorkommen verloren; der rechnerische Rückgang beträgt über 80%. In vielen Bundesländern ist sie nicht mehr vertreten oder vom Aussterben bedroht. In Baden-Württemberg ist sie stark gefährdet. Ihre Erhaltung erfordert konsequente Entfernung des Aufwuchses, um eine Nährstoffanreicherung des Bodens auch durch Immissionen zu vermeiden. Die zeitweilige Beweidung durch Schafe wie in früheren Jahrhunderten hat sich bewährt. Die Biotoppflege sollte vor dem Austreiben der Blütenstängel erfolgen. Im Übrigen ist Intensivbeweidung sowie Befahren und Betreten der Flächen zu vermeiden.
Stark gefährdet (2): BW, Schwarzwald, Südliche Gäulandschaften, Schwäbische Alb, Alpenvorland; vom Aussterben bedroht (1): Ober- u. Hochrhein; ausgestorben (0): Odenwald; Gefährdung unklar (G): Nördliche Gäulandschaften
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Spiranthes spiralis - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands: 674 – 678.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten.- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld