Merkmale
Rhizomgeophyt mit oberirdischer, gegliederter Grundachse, die im Moos kriecht und Ausläufer bildet. An den jeweiligen Enden des Rhizoms entwickelt sich im Herbst eine Blattrosette. Die Blätter sind spitz-eiförmig und weisen eine netzförmige Struktur auf. Der Stängel des Blütentriebs wird 5 – 25 cm hoch und weist am Grund ein ca. 25 mm langes Scheidenblatt auf, das unmittelbar über der Rosette sitzt; darüber folgen 2 – 8 tragblattartige Stängelblätter, deren oberste 12 – 25 mm lang sind. Während diese Stängelblätter kahl sind, sind der Stängel und die Blüten mit weißen Drüsenhaaren besetzt. Der Blütenstand ist einseitswendig, 3 – 7 cm lang und trägt 10 – 26 Blüten. Die Tragblätter sind doppelt so lang wie die Blüten, die weißen Perigonblätter sind glockig und nur wenig geöffnet, die seitlichen Sepalen nach außen gebogen; das mittlere Sepal und die Petalen bilden einen Helm, der die Säule bedeckt. Die unbehaarte, weiße Lippe ist ungespornt, 3,5 ‒ 5 mm lang und 3 – 5 mm breit. Die Hinterlippe weist einen 2,3 – 2,8 mm tiefen Nektar führenden Napf auf und geht ohne Einschnürung in die zugespitzte Vorderlippe über. Der Fruchtknoten ist gedreht, mit kurzem Stiel, 5,5 – 8,5 mm lang und 2 - 3,5 mm dick. Die Früchte sind birnenförmig. Als Bestäuber wurden Furchenbienen beobachtet; auch Ackerhummeln kommen als Bestäuber in Betracht. Der Fruchtansatz ist bis auf die obersten Blüten, die häufig verkümmern, fast total. Nach der Fruchtreife ab Anfang Oktober stirbt die zugehörige Rosette ab; das Rhizom treibt aber unterhalb der alten Rosette meist mehrere neue Rosetten, die sich zu Jungpflanzen entwickeln.
Vegetations- und Blütezeit
Goodyera repens blüht je nach Höhenlage von Mitte Mai bis Mitte August. Die Blattrosetten für die nächstjährige Blüte bilden sich bereits im Herbst.
Variabilität
Die Variabilität ist gering und bezieht sich lediglich auf das Netzmuster der Rosettenblätter.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Die Art ist in Deutschland kaum verwechselbar.
Hybriden
Hybriden kommen nicht vor.
Wuchsorte
Die Art wird als flachwurzelnde Moderhumuspflanze bezeichnet. Sie kommt nur auf stickstoffarmen Standorten in Schatten- und Halbschattenlage hauptsächlich mit Kalkunterboden vor. Sie bevorzugt moosige Kiefern- und Fichtenwälder, auch Laub- und Nadelwälder saurer Oberböden, während sie in Buchenwäldern wegen der Laubschichten ausbleibt.
Verbreitung
Goodyera repens kommt im Flach- und Hügelland sowie in den Alpen bis etwa 2000 m Höhe vor.
Gefährdung
Aufgrund ihrer speziellen Ansprüche an die Nährstoffarmut des Bodens ist die Art durch den Stickstoffeintrag über die Luft gefährdet, ebenso durch die Umwandlung von Nadelforsten in Buchenwälder. Da Goodyera repens moosige Untergründe benötigt und konkurenzschwach ist, ist sie durch das Aufkommen von Unterwuchs in vielen Wäldern bedroht, auch durch den Rückgang der Regenmengen in den letzten Jahren. Etliche Standorte in Baden-Württemberg sind darum in den letzten Jahrzehnten erloschen, darunter bei Kronau im Rheingraben und im Hüfinger Stadtwald.
Stark gefährdet (2): BW, Nördliche u. Südliche Gäulandschaften; gefährdet (3): Schwäbische Alb; vom Aussterben bedroht (1): Ober- und Hochrhein, Schwarzwald, Alpenvorland
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Goodyera repens. - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands: 439 – 443.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten.- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld