Orchideen in Baden-Württemberg
Pseudorchis albida (L.) A. & D. Löve
Weiße Höswurz, Weisszüngel
Synonyme: Habenaria albida, Leucorchis albida, Gymnadenia albida, Sartyrium albidum
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Merkmale
Knollengeophyt mit zwei tief gespaltenen Knollen und langen Wurzeln. Aus einer Tochterknolle bildet sich bereits im Herbst ein Spross, der an der Erdoberfläche überwintert und im Frühjahr Laubblätter treibt. Der Blütenstängel steht steif aufrecht und weist 3-7 dunkelgrüne glänzende Laubblätter auf, die unteren schräg, die oberen steil aufrecht am Stängel stehend. Die grundständigen Blätter sind eiförmig länglich, 5 - 9 cm lang und 1 - 2 cm breit; die mittleren Blätter sind am größten, die oberen kleiner und breit lanzettlich. Das oberste Stängelblatt ist 1 - 4 cm lang und erreicht den Blütenstand nicht. Der Blütenstand ist schmal, lang zylindrisch und dicht mit 20-50 kleinen, dicht am Stängel sitzenden Blüten besetzt. Sie sind weißlich-gelb bis gelb gefärbt, leicht glockig hängend angeordnet und duften schwach. Die Tragblätter sind 6 - 8 mm lang und 2 - 3 mm breit, etwa so lang wie der Fruchtkonten. Der Fruchtknoten ist gedreht, 4 - 5 mm lang und 2 - 2,5 mm dick. Die Perigonblätter neigen sich helmförmig zusammen. Die Sepalen sind länglich eiförmig, stumpf und einwärts gewölbt, 3 - 4 mm lang und 1 - 2 mm breit. Die Petalen sind kleiner, 2,5 - 3 mm lang und 1,3 - 1,6 mm breit. Die Lippe ist dreilappig mit sehr kurzen Seitenlappen von 1,2 - 1,4 mm Länge und 0,6 - 0,9 mm Breite. Der Mittellappen ist meistens etwas vorgezogen mit einer Länge von 1 - 2 mm und Breite von 0,8 - 1 mm. Der Sporn ist zylindrisch, stumpf, 2,1 - 2,7 mm lang und 0,8 - 1 mm dick. Der Sporn enthält Nektar; der Sporneingang ist sehr eng.
Die Pollinarien sind gelblichgrün, keulenförmig, kurzgestielt mit einer nackten Klebscheibe.
Der Fruchtansatz ist extrem hoch und beruht auf Bestäubung durch verschiedene Insekten sowie Autogamie.
Vegetations- und Blühzeiten
Aus dem Spross entwickeln sich im Frühjahr Laubblätter. Die Blütezeit beginnt Ende Mai in der Ebene und endet Anfang August im Gebirge.
Variabilität
In den Alpen kommt eine Sippe vor, die von Beck im Jahr 1890 als var. tricuspis beschrieben wurde und von Klein im Jahr 2000 zur Subspezies erhoben wurde. Sie erreicht nur eine Wuchshöhe von 19 cm, hat maximal 5 Blätter und waagerecht stehende Blüten, ist kalkliebend und rein allogam. Als Hauptkennzeichen gelten die drei gleich langen Lappen der Lippe. Ob dieses Merkmal durchgängig vorhanden ist, ist unklar. In Skandinavien kommt subsp. straminea vor. In Baden-Württemberg ist nur die Nominatsippe vertreten.
Hybriden
Es sind Hybriden mit Dactylorhiza-Arten bekannt, mit denen sie vergesellschaftet ist, sowie mit Gymnadenia conopsea, und G. odoratissima und Nigritella-Arten. Aus Baden-Württemberg sind keine aktuellen Funde von Hybriden bekannt.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Aufgrund ihres Habitus ist die Art unverwechselbar.
Wuchsorte
Die Art besiedelt Borstgrasrasen, Zwergstrauchheiden und Magerrasen auf leicht sauren bis neutralen Böden. Vergesellschaftet ist sie gern mit Arnica.
Verbreitung
In Baden-Württemberg gibt es etliche Vorkommen im südlichen Hochschwarzwald, auf der Schwäbischen Alb vermutlich nur noch einen Reliktstandort. In den übrigen deutschen Mittelgebirgen kommen nur noch wenige Populationen vor mit Ausnahme von Thüringen, wo sie noch häufiger anzutreffen ist. In einigen nördlichen Bundesländern ist sie seit geraumer Zeit ausgestorben.
Gefährdung
Pseudorchis albida hat in unseren Mittelgebirgen starke Rückgänge erlitten. Diese beruhen auf intensiver Bewirtschaftung von Weidewiesen, aber auch Aufgabe der Beweidung von Standorten mit nachfolgender Verbuschung oder Aufforstung. Wichtig ist darum die Offenhaltung der verbliebenen Standorte.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Pseudorchis albida - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 663 – 666.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten:- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld
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