Orchideen in Baden-Württemberg
Epipactis palustris (L.) Crantz
Sumpf-Stendelwurz
Synonyme: Serapias palustris
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Merkmale
Rhizomgeophyt, aus dem sich neue Glieder und Sprosse entwickeln, die unterirdisch überwintern. Im Frühjahr treiben sie grüne Blätter; aus stärkeren Sprossen treiben ein oder mehrere Blütentriebe, die eine Höhe von 25-50 cm Höhe erreichen. Kleinere Triebe bleiben steril. Auf 2-3 Scheidenblätter am Grunde folgen 6-8 kurzscheidige und zweizeilig angeordnete Stängelblätter. Das unterste ist eiförmig, die oberen länger zugespitzt. Das oberste Stängelblatt ist tragblattartig und erreicht den Blütenstand nicht.
Der langgestreckte Blütenstand trägt 4-20 einseitswendige Blüten. Die Blüten hängen an langen Stielen und Fruchtknoten; sie sind weit geöffnet. Die seitlichen Sepalen sind spitz und abwärts gerichtet und wie das mittlere Sepal außen und innen braunrot überlaufen. Die Petalen bilden mit dem mittleren Sepal einen Helm. Sie sind weiß gefärbt oder leicht rosa mit einem rötlich überlaufenen Grund. Die zweigeteilte Lippe ist bis 13 mm lang; die Vorderlippe ist gegenüber der Hinterlippe beweglich. Hinterlippe schüsselförmig, weiß und lilarot geädert, am Grunde gelborange mit nektarabsondernder Leiste. Der Rand der wellig gekerbten Vorderlippe ist halbrund. An der Basis sitzen zwei weißgelbe Längswülste. Die Klebdrüse ist wirksam; die Pollinien sind aber bröckelig.
Die Bestäubung erfolgt durch Hautflügler, Zweiflügler und Käfer.
Vegetations- und Blühzeiten
Der Austrieb erfolgt im Mai und die Blütezeit liegt zwischen Mitte Juni und Ende Juli. Die Fruchtreife tritt ab Ende September ein. Der Fruchtansatz ist hoch mit Ausnahme der oberen Blüten, was für Allogamie typisch ist. Das gesellige Wachstum entsteht durch zusätzliche vegetative Vermehrung.
Variabilität
Neben ökologisch bedingten Wuchstypen variiert die Blütenfärbung mit mehr oder wenigen Rotanteilen. Selten sind rein weiß blühende Exemplare.
Hybriden
Hybriden wurden bislang nur mit E. atrorubens beschrieben.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Diese Art ist unverwechselbar aufgrund der Wuchsform sowie der Blüten.
Wuchsorte
Die Art wächst auf basenreichen, meist kalkhaltigen sumpfigen und humosen Böden, die zumindest zeitweise von Grund-, Quell- oder Sickerwasser durchflossen werden. Die Hauptvorkommen liegen darum auf wechselfeuchten Wiesen und in Mooren, aber auch in wechselnassen Kieferngesellschaften.
Verbreitung
In Baden-Württemberg kommt E. palustris im nördlichen und mittleren Oberrheingebiet und Alpenvorland vor, aber auch in den Gäulandschaften. Die meisten Fundorte liegen bis zur Höhe von 400 m. Die Art fehlt aufgrund der geologischen Voraussetzungen im Odenwald und den Urgesteinsregionen des Schwarzwaldes.
Gefährdung
Zahlreiche Wuchsorte sind durch Trockenlegung und Intensivierung der Landwirtschaft verloren gegangen. Auch ist die Art durch Verbuschung nach Aufgabe einer regelmäßigen Bewirtschaftung bedroht.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Epipactis palustris - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 410 – 414.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten:- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld
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