Bildergalerie Baden-Württemberg
Epipactis helleborine (L.) Crantz
Breitblättrige Stendelwurz
Synonyme: E. latifolia, Serapias helleborine var. latifolia
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Merkmale
Rhizomgeophyt, aus dem sich jährlich neue Rhizomglieder entwickeln. Aus diesem treiben neue Sprosse, die unterirdisch überwintern und im Frühjahr neue Blätter treiben. Kräftige Pflanzen entwickeln einen (mehr oder weniger) gerade gewachsenen Blütenstängel, Jungpflanzen nur einen kurzen Blatttrieb mit einem in den Blattansätzen häufig abgewinkelten Stängel. Mehrstängeligkeit wird nur selten beobachtet. Die Wuchshöhe schwankt zwischen 30 und 100 cm. Der Stängel trägt an der Basis 2-3 braune Schuppenblätter und 5-14 grüne stark geaderte Stängelblätter, die etwa gleichmäßig am Stängel verteilt sind. Die unteren Blätter sind eiförmig, 4-13 cm lang und 2-7 cm breit. Die mittleren sind am größten. Nach oben werden sie lanzettlicher und kleiner. Das oberste Blatt ist tragblattartig und 2-10 cm lang, meist den Blütenstand nicht erreichend.
Der leicht behaarte Blütenstand ist langgestreckt, mehr oder weniger einseitswendig und trägt 13-80 mittelgroße leicht hängende Blüten. Sie sind meistens voll geöffnet, grün gefärbt und meist rötlich oder purpurn überlaufen. Die seitlichen Sepalen sind konvex, leicht gekielt, schief länglich eiförmig, 10-13 mm lang und 5-6 mm breit. Das mittlere Sepal und die Petalen bilden einen Helm, der die Säule bedeckt. Die Petalen sind schief eiförmig, 10-11 mm lang und 4,5-6 mm breit. Die Lippe ist zweigliedrig, die Hinterlippe napfförmig, an den Rändern weißlich, am Grund tief rotbraun glänzend und Nektar führend. Die Vorderlippe ist weißlich, rosa oder schmutzig-rot, herzförmig mit zwei gekräuselten Höckern. Die Rostelldrüse ist kugelförmig, milchglasig und längere Zeit funktionsfähig. Die Früchte sind in den meisten Populationen hängend; allerdings gibt es auch Sippen mit fast abstehenden Früchten. Sie haben eine Länge von 8-13 mm und eine Dicke von 6-8 mm.
Vegetations- und Blühzeiten
Der Austrieb erfolgt im Mai; die Hauptblütezeit liegt von Anfang bis Ende Juli. Der Fruchtansatz ist aufgrund von Insektenbestäubung (Wespen, Hummeln u. Schwebfliegen) hoch; in älteren Blüten ist Autogamie möglich. Die Fruchtreife tritt ab Mitte September ein.
Variabilität
Die Variabiliät dieser Art ist erheblich und erfasst viele Merkmale des Habitus und der Blüten. Es gibt Formen mit breiten, eher dunklen Blättern, die als typische Waldpflanzen angesprochen werden, aber auch besonders kräftige Pflanzen vor allem an Waldrändern. Selten sind chlorotische Pflanzen zu finden, die in den oberirdischen Teilen kein Chlorophyll bilden. An sonnigen Standorten stehen zuweilen kleinwüchsige oder auch hochgewachsene Pflanzen, häufig mit hellgrünen, stark rinnigen und gekielten, schräg aufrecht stehenden, spitzen Blättern. Diese weisen meistens elfenbeinfarbene Blüten und schräg stehende Früchte auf. Diese Formen sind bislang unbeschrieben und werden mit dem Arbeitsnamen „Sonnenform“ bezeichnet. Sie sind von E. helleborine subsp. orbicularis (E. distans) zu unterscheiden. Eine Trennung der Vielzahl der Formen ist taxonomisch bislang nicht gelungen, da sie zwar geschlossene Populationen bilden können, aber gegenseitige Befruchtungen mit ihrerseits fruchtbaren Nachkommen nicht nur ausnahmsweise vorkommen und sich genetische Isolationsmechanismen nicht entwickelt haben. Damit können diese kaum als Subspezies angesprochen werden, sondern nur als Varietät oder Form.
Hybriden
In Baden-Württemberg sind Hybriden mit fast allen anderen Epipactis-Arten (außer E. palustris) entweder bekannt oder zu erwarten.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
E. leptochila hat eine spitze, vorgestreckte Vorderlippe; E. leptochila subsp. neglecta ist schwieriger und nur anhand weiterer Blütenmerkmale neben der Lippenform sowie des Habitus abzugrenzen. E. helleborine subsp. minor unterscheidet sich durch kleinere Blüten, einen zierlichen Habitus und waagerecht abstehende Früchte. Es gibt aber eine große Zahl von Zwischenformen, so dass viele Einzelexemplare nicht eindeutig zuzuordnen sind. Eine Zwischenform wurden als E. helleborine subsp. moratoria beschrieben.
Wuchsorte
Diese Art kommt vor allem in Buchenmischwäldern, aber auch in Nadelwäldern vor; sie besiedelt Gebüsche und Waldränder sowie sonnige Wegraine. Sie verträgt auch mäßig saure und feuchte Standorte sowie Lehm- und Sandböden.
Verbreitung
Diese Art kommt in Baden-Württemberg landesweit vor und besiedelt alle Höhenstufen.
Gefährdung
Diese Art ist generell ungefährdet, weil sie an ihre Biotope keine speziellen Ansprüche stellt. Andererseits gibt es Sonderformen, die durch Nutzungsänderungen oder Wirtschaftsformen bedroht werden können.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Epipactis helleborine - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 376 – 380.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten:- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld
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