Orchideen in Baden-Württemberg
Epipactis atrorubens Hoffm. ex Besser
Rotbraune Stendelwurz
Synonyme: E. rubiginosa, Serapias atrorubens
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Merkmale
Aus dem Rhizom erwachsener Pflanzen treiben neue Rhizomglieder, die unterirdisch überwintern und im Frühjahr oberirdische Pflanzen mit grünen oder auch violett überlaufenen Blättern und mit einem oder mehreren Blütenstängeln von 25-60 cm Höhe entwickeln. Am Grunde zeigen sich 1 bis 3 Schuppenblätter, auf die 6-11 Stängelblätter folgen; diese sind in der unteren Stängelhälfte konzentriert und mehr oder weniger zweizeilig. Die unteren Blätter sind überwiegend eiförmig und 4-8 cm lang und 2-7 cm breit, die oberen länglicher, sichelförmig gebogen, die obersten tragblattartig; sie erreichen den Blütenstand aber nicht. Der langegestreckte Stängel ist im Bereich des Blütenstandes stark behaart und braunrot. Er trägt zwischen 6 u. 40 häufig einseitswendige, mehr oder weniger locker angeordnete, weit geöffnete Blüten. Diese sind recht klein, normalerweise purpur- bis braunrot gefärbt und riechen nach Vanille. Sepalen schief-eiförmig und zugespitzt, Petalen kürzer und breiter. Die Lippe ist zweigeteilt, die Hinterlippe napfförmig 3,5-5 mm breit und ebenso lang, nektarabsondernd, die Vorderlippe 4,5-6 mm breit und herzförmig, am Rand gekerbt und spitz auslaufend, am Grunde mit zwei auffällig runzeligen Wülsten (Kalli). Anthere oberseitig gelb, Rostelldrüse funktionsfähig.
Vegetations- und Blühzeiten
Der Austrieb erfolgt ab Anfang Mai; die Hauptblütezeit liegt Mitte Juni bis Ende Juli je nach Höhenlage. Die obersten Blüten verkümmern häufig; im Übrigen ist der Fruchtansatz sehr hoch. Die Samenreife erfolgt ab Ende August.
Variabilität
Neben einer Variabilität der Blätter sind vor allem Farbvarianten der Blüten bekannt. Diese entstehen durch einen völligen oder teilweisen Ausfall der Farbpigmente, so dass nur durch Chlorophyll grün gefärbte oder auch gelbe und hellrote Exemplare erscheinen. Daneben kann es einen Ausfall des Chlorophylls in allen vegetativen Teilen geben, so dass chlorotische (albinotische) Pflanzen entstehen. Diese Farbstörungen sind genetisch bedingt und können sich vererben.
Hybriden
Bekannt sind Hybriden mit E. helleborine, selten aber auch mit E. muelleri, E. microphylla sowie E. palustris.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
E. atrorubens ist in Mitteleuropa mit keiner anderen Art zu verwechseln.
Wuchsorte
Die Art besiedelt stickstoffarme und trockene Standorte auf zumindest schwach basischen, zumeist kalkhaltigen Böden. Sie steht deswegen gerne auf mageren und lückig bewachsenen Böden an Waldrändern oder in lichten Wäldern, meidet aber schattige Standorte.
Verbreitung
Die Art ist in Mitteleuropa weit verbreitet und besiedelt in Baden-Württemberg vor allem Kalkgebiete und Lößlandschaften.
Gefährdung
Die Art ist in einigen Landesteilen außerhalb des Hauptverbreitungsgebietes gefährdet. Hier ist auf die Erhaltung der offenen und nährstoffarmen Biotope zu achten.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H., Blatt, H. & H. Kretzschmar (2005): Epipactis atrorubens - In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 367 – 370.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten:- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld
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